Deutsche Bank Das Krypto-Fieber erfasst die großen Player
Mit der Deutschen Bank beantragt Deutschlands größtes Kreditinstitut eine Verwahrlizenz für Kryptowerte. Immer mehr Institutionelle setzen auf Bitcoin – und ebnen ihm den Weg in den Mainstream der Finanzwelt.
Als der Bitcoin vor 14 Jahren das Licht der Welt erblickte, galt er noch als verrückte Idee einer libertär-anarchistischen Szene. Einer Szene, die sich im Nachgang der weltweiten Finanzkrise vom klassischen Bankensystem abwenden und einen neuen Zahlungsverkehr etablieren wollte. Den Bitcoin als erste Kryptowährung verstand diese Szene als ein Bollwerk gegen das etablierte Finanzwesen. Er sollte nicht auf Vertrauen beruhen, sondern auf einer fälschungssicheren Technologie.
Wenn die Anhänger der ursprünglichen Bitcoin-Idee dieser Tage die Nachrichten verfolgen, dürften sie wenig begeistert sein. Am Dienstag meldete der Finanznachrichtendienst Bloomberg, dass die Deutsche Bank eine Lizenz zur Verwahrung von Kryptowerten beantragt hat. „Wir bauen unser Geschäft mit digitalen Vermögensverwerten und Depotdiensten aus“, sagte David Lynne, der das Firmenkundengeschäft bei dem Dax-Konzern leitet. Allerdings rechnet die Deutsche Bank dem Vernehmen damit, die Lizenz erst im kommenden Jahr erteilt zu bekommen.
Die entsprechenden Pläne für eine solche Zulassung kursieren bei der Deutschen Bank bereits seit Ende 2020, als die Kurse von Kryptowährungen immer neue Höchststände erreichten. Mit ihrem jüngsten Schritt hofft die Deutsche Bank nun, mittelfristig die Gebühreneinnahmen ihrer Unternehmenssparte zu steigern.
Dementsprechend hat das Institut die Lizenz dem Vernehmen nach vor allem beantragt, um einmal großen institutionellen Kunden wie anderen Finanzunternehmen die Verwahrung von digitalen Vermögenswerten anzubieten. Die Strategie hinter dem Lizenzantrag sei, jedenfalls einstweilen, nicht, den Kunden den Handel mit Bitcoins zu ermöglichen oder gar eine eigene Kryptobörse zu gründen.
Für die noch junge Kryptoindustrie ist der Antrag der Deutschen Bank als größtes deutsches Geldinstitut auf eine Kryptoverwahrlizenz dennoch keinesfalls nur eine Randnotiz. Der Vorgang zeigt nämlich: Bitcoin und Co. werden von den großen Playern zunehmend nicht bloß Asset für Spekulanten betrachtet, sondern als ernstzunehmende Anlageklasse. Der Einzug von Kryptowährungen in den Mainstream hat begonnen.
Wer sich mit Kennern der Finanzszene unterhält, hört, dass immer mehr institutionelle Anleger in Kryptowährungen investieren wollen. Dazu zählen nicht nur Banken, sondern etwa auch Family Offices. Laut Insidern haben diese die Krypto-Kursrückgänge der vergangenen Monate dazu genutzt, sich günstig Coins zu sichern. Bisher scheint das Kalkül aufzugehen: Seit Jahresbeginn notiert der Bitcoin mehr als 70 Prozent im Plus.
Wie relevant digitale Vermögenswerte für die Finanzelite inzwischen sind, zeigen auch andere Beispiele. So versucht die Deutsche-Bank-Fondstochter DWS unter ihrem Vorstandsvorsitzenden Stefan Hoops ebenfalls, an Services für digitale Vermögenswerte zu verdienen. Zudem kündigte in der vergangenen Woche BlackRock, der weltgrößte Vermögensverwalter, an, einen Bitcoin-ETF initiieren zu wollen. Ob die US-Börsenaufsicht SEC das Vorhaben genehmigt, ist noch offen. Zwar gibt es schon seit 2021 diverse Bitcoin-ETFs. Bislang funktionieren diese aber über Bitcoin-Futures, also über Derivate. Einen Bitcoin-ETF wie ihn BlackRock plant, der den Preis der Kryptowährung eins zu eins abbildet, hat die SEC bislang stets abgelehnt.
Krypto-ABC: Die wichtigsten Begriffe verständlich erklärt
Der Fokus am Kryptomarkt liegt klar auf dem Bitcoin. Unter Altcoins versteht man Kryptowährungen, die nach der ältesten Digitalwährung erfunden wurden und eine Alternative zum Bitcoin darstellen. Beispiele dafür sind Ethereum, Cardano oder Solana.
Der Bitcoin ist nicht nur die dem Volumen nach größte, sondern auch die älteste Kryptowährung der Welt. Schon im Oktober 2008 skizzierte Satoshi Nakamoto, das Pseudonym des Bitcoin-Erfinders, in einem Whitepaper mit dem Titel „A Peer-to-Peer Electronic Cash System“, wie so eine virtuelle Währung aussehen könnte. Kurz darauf, im Januar 2009, wurden die ersten Bitcoin geschürft. Weil Nakamoto unter einem Pseudonym agierte, ist bis heute unklar, wer genau den Bitcoin ins Leben gerufen hat.
Transaktionen von Kryptowährungen werden auf der Blockchain dokumentiert. Die Blockchain ist eine öffentliche, dezentrale Datenbank. Die Informationen werden nicht auf einem einzelnen Server, sondern auf vielen tausenden Rechnern gespeichert. „Chain“ kommt aus dem Englischen und bedeutet „Kette“.
Jede Transaktion wird in einem Block gespeichert und an eine Kette der bereits vorhandenen Datensätze angehängt. Deshalb wird die Blockchain auch digitales Kassenbuch genannt. Die gespeicherten Daten können im Nachgang nicht mehr oder nur mit Zustimmung des Netzwerkes geändert werden. So soll ein fälschungssicheres Protokoll entstehen.
Ether ist hinter dem Bitcoin die zweitgrößte Kryptowährung und basiert auf der Ethereum-Blockchain. Im Vergleich zur Bitcoin-Blockchain gilt diese als moderner und leistungsfähiger und soll in Kürze auf das energiesparendere Proof-of-Stake-Verfahren umgestellt werden. Auch Smart Contracts können über Ethereum gehandelt werden. Beliebt ist die Kryptowährung auch, weil NFTs (non fungible Token) oft auf Ethereum basieren und deshalb mit Ether bezahlt werden.
Mining ist das Erzeugen (Schürfen) neuer Coins. Bei diesem Prozess stellen Miner im Fall des Bitcoin die Rechenleistung ihrer Computer zur Verfügung, um komplexe mathematische Aufgaben zu lösen. So werden Transaktionen verifiziert und auf der Blockchain gespeichert. Die Miner werden fürs Bereitstellen der Rechenleistung mit neu generierten Bitcoin belohnt.
Bei einigen anderen Kryptowährungen basiert das Mining dagegen nicht auf Rechenleistung, sondern auf den Anteilen der Netzwerk-Teilnehmer an der jeweiligen Kryptowährung (siehe Proof of Stake). In diesem Fall wird das Mining deshalb auch oft als Staking bezeichnet. Auch dafür bekommen Teilnehmer eine Prämie, also quasi eine Art Verzinsung für ihren Anteil.
Minten bezeichnet das Erstellen eines NFTs (non fungible Token). Mit dem „Prägen“ des Bildes ist in diesem Fall das Hochladen in die Blockchain gemeint.
Die Abkürzung NFT steht für non-fungible Token, also nicht austauschbare Wertmarken. NFTs sind virtuelle Güter, die über die Blockchain gehandelt werden. Oft sind es etwa digitale Bilder oder Sammelkarten. Jeder NFT ist einzigartig. Wer einen kauft, wird in der Blockchain als Eigentümer registriert und kann so beispielsweise ein Echtheitszertifikat für ein virtuelles Bild oder ein digitales Kunstwerk vorweisen.
Mit dem Proof-of-Work-Verfahren werden neue Münzen einiger Kryptowährungen wie dem Bitcoin geschaffen. Dafür stellen die Miner die Rechenleistung des Systems zur Verfügung, um komplexe Aufgaben zu lösen. Wer es zuerst schafft, die Aufgabe zu lösen, darf den Block an die Blockchain anhängen und erhält eine Belohnung in Form digitaler Münzen. Der Proof-of-Work-Ansatz gilt als besonders energieintensiv.
Einige Blockchains basieren auf dem Proof of Stake-Verfahren. Anders als bei Proof of Work werden dabei fürs Mining keine umfangreiche Hardware und große Mengen an Rechenleistung benötigt. Proof of Stake gilt daher als wesentlich energieschonender.
Statt dessen dürfen diejenigen Transaktionen und neue Coins freigeben, die einen besonders hohen Anteil an einer Kryptowährung halten. Sie werden dann Validatoren genannt. Der Prozess beruht auf einem Konsensmechanismus. Je höher der Preis, desto höher die Anzahl der Coins, um am Prozess teilzunehmen.
Smart Contracts sind virtuelle Verträge, die über die Blockchain getauscht werden. Diese treten unter bestimmten zuvor festgelegten Bedingungen selbstständig in Kraft. Insbesondere Banken und andere Finanzinstitute sehen in Smart Contracts einen großen Nutzen. Sie könnten zum Beispiel beim Börsenhandel Intermediäre – also zwischengeschaltete Stellen wie Wertpapierbroker– überflüssig machen.
Die Wallet ist eine Art digitale Geldbörse für Kryptowährungen. Sie ermöglicht es Nutzern, Kryptoguthaben zu kaufen und zu verschicken. Es gibt mehrere Arten von Wallets. Die Hardware-Wallet ist quasi ein USB-Stick, auf dem das Kryptovermögen und die Zugänge eines Nutzers gespeichert sind. Eine Paper-Wallet wird auf Papier ausgedruckt.
Dafür wird ein QR-Code generiert, den man einscannen muss, um Transaktionen zu tätigen. Eine Software-Wallet kommt ohne externe Geräte oder Papierausdrucke aus. Hier werden die Daten in einem Computerprogramm gespeichert. Nutzer dürfen ihre Zugangsdaten nicht vergessen: Sonst bliebe ihnen der Zugriff auf ihr Kryptovermögen verwehrt.
Dieses Krypto-ABC entstammt dem großen Krypto-1x1 der WirtschaftsWoche: Das vollständige Dossier finden Sie hier zum Download
BlackRock kooperiert für das Projekt mit Coinbase, der zweitgrößten Kryptobörse der Welt. Schon im vergangenen Jahr hatte sich der Vermögensverwalter mit dem Unternehmen zusammengetan, um professionellen Händlern den Zugang zur Kryptowelt zu erleichtern. Aktuell hat Coinbase allerdings große Probleme mit der Finanzaufsicht. Die SEC wirft der Kryptobörse in diversen Klagen vor, Kryptowerte zum Handel anzubieten, ohne über die dafür nötigen Lizenzen zu verfügen.
Trotz der rollenden Regulierungswelle scheint der Einzug von Kryptodiensten in die erste Finanzliga in den USA rascher vonstattenzugehen als in Europa. Gerade im deutschsprachigen Raum stecken die Kryptodienste der Banken noch in den Kinderschuhen. Nur einige wenige regionale Banken unterhalten bisher Krypto-Angebote. Die Volksbank Bayern-Mitte beispielsweise hat im Frühjahr vergangenen Jahres ein spezielles Bitcoin-Angebot eingeführt. Einige Banken wie die Neobank N26 kooperieren mit der Wiener Kryptobörse Bitpanda, um Kryptoprodukte anzubieten. Von Insidern heißt es allerdings, dass aktuell viele Banken mit solchen Kooperationen liebäugeln. Offenbar wächst die Sorge, einen bedeutenden Trend zu verpassen.
Was genau das Kryptoangebot der Deutschen Bank umfassen wird, bleibt abzuwarten. Zunächst muss die deutsche Finanzaufsicht BaFin den Antrag genehmigen. Nach den vielen Krisen in der Kryptowelt in jüngerer Zeit schauen die Aufseher nun besonders genau hin. Als etabliertes Unternehmen dürfte die Deutsche Bank aber größere Chancen haben als so manche Kryptobörse, die nun nach einer BaFin-Lizenz strebt. Fraglich bleibt, ob das Angebot echte Bitcoin-Jünger überzeugen wird.
Dieser Text ist am 21. Juni 2023 um die Informationen aktualisiert worden, welche Ziele die Deutsche Bank mit ihrem Lizenzantrag verfolgt.
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Author: Lindsay Blair
Last Updated: 1698118442
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